Der Ausdruck Lost Place ist ein Pseudo-Anglizismus und bedeutet „vergessener Ort“. Der korrekte Ausdruck im Englischen ist „abandoned premises“ (auf Deutsch: „aufgegebenes Grundstück“) oder umgangssprachlich off the map.
Meist handelt es sich um Gebäude aus der jüngeren Geschichte, die entweder noch nicht historisch aufgearbeitet (bzw. erfasst) wurden oder aufgrund ihrer geringen Bedeutung nicht von allgemeinem Interesse und daher nicht besonders erwähnenswert sind. Unabhängig davon gibt es auch Lost Places von sehr hoher historischer Bedeutung, wie z. B. die Heeresversuchsanstalt Peenemünde (Entwicklung der ersten Großrakete), die Aerotrain-Versuchsstrecke bei Orleans (Versuchsstrecke für einen Luftkissenzug) oder der Sendemast von Konstantynów (1974 bis 1991 höchstes Bauwerk der Welt). Der Begriff Lost Place wird oft synonym mit Ruinen aus der Industriegeschichte oder nicht mehr genutzten militärischen Anlagen (siehe Militärgeschichte) verwendet, die eigentliche Bezeichnung gilt jedoch für jeden Ort, der im Rahmen seiner ursprünglichen Nutzung in Vergessenheit geraten ist. Dazu gehören insbesondere Orte, die nicht bewusst als Industriedenkmäler für die Nachwelt erhalten und damit einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden.
Beispiel für einen verlorenen Ort: Kloster Marienberg in Boppard Graffiti und verlassene Gegenstände sind an Lost Places häufig zu finden Die Faszination dieser Orte, die „nicht als Spektakel konzipiert wurden“, wie Guy Debord es formuliert, liegt gerade in dieser Ursprünglichkeit und der fehlenden (touristischen) Erschließung, die dem Besucher die Möglichkeit bietet, selbst auf „Entdeckungsreise“ zu gehen und Geschichte individuell und hautnah erleben zu können. Andererseits birgt diese Besonderheit der Orte auch manchmal unterschätzte Gefahren. Zudem ist das Betreten solcher Orte selten klar gesetzlich geregelt, weshalb Besucher von Lost Places es manchmal vorziehen, sich anonym zu verhalten. Oft wird die Beschäftigung mit Lost Places mit modernen Schatzsuchen oder dem Sammeln von Militaria oder Munition gleichgesetzt. Dies ist eine zu kurze Verallgemeinerung. Für viele Menschen, die sich mit den vergessenen Orten beschäftigen, ist dies eine ernsthafte Form der Heimatkunde. Es gibt inzwischen zahlreiche Dokumentationen solcher Orte im Internet. Für andere steht die emotionale Erfahrung im Vordergrund, wie sie in der Psychogeographie untersucht wird.
Dem Historiker Peter Read zufolge lässt sich die Attraktivität solcher Orte nicht nur durch Abenteuer- und Entdeckerlust oder den Reiz der Erkundung des Verborgenen und Verbotenen erklären. Es gibt auch eine tiefe Sehnsucht, etwas Verlorenes wiederzufinden und Zeuge der Vergänglichkeit zu sein sowie die Kraft der Erinnerung in den verfallenden und überwucherten Resten der Zivilisation zu erleben. In der Aktfotografie gibt es ein eigenes Genre Lost Places, bei dem Bilder in solchen Gebäuden aufgenommen werden. Begründet wird dies oft damit, dass ein Spannungsverhältnis zwischen dem Morbiden / Verfallenen und den oft jungen Modellen entsteht. Aber auch die verlorenen Orte selbst können zum zentralen Thema der Fotografie werden, wie es bei der Ruinenfotografie der Fall ist.
Verlorene Orte spielen auch bei ortsbezogenen Spielen wie Geocaching eine Rolle. Oft werden sie nur anhand von Koordinaten identifiziert. Der Erfolg von TV-Dokumentationen, Sachbüchern und Bildbänden über Lost Places inspiriert auch die Tourismusbranche. So wirbt die österreichische Tourismusregion Wörthersee seit 2021 mit speziellen Schotterradtouren zu Lost Places.